2011 – Nordsee-Watzmann

Bilder

08.08.2011 Montag – Fahrt nach Ostfriesland 

Endlich gehts los, Ich spüre deutlich, wie die Nervosität steigt. Die halbe Nacht liege ich wach und packe in Gedanken die Koffer zum achten Mal um. Gegen 11 Uhr kommt Reinhold mit unserem mittlerweile liebgewonnenem roten Bus. Der ist mittlerweile allerdings schon ein wenig in die Jahre gekommen und hat deutlich Rost angesetzt. Wir gehen ans einpacken…. aber irgendwie war da letztes Jahr mehr Platz. Im 2 Anlauf schaffen es Reinhold und Manfred schließlich, alle Räder mit dazwischen liegendem Sofa von Reinhold ordnungsgemäß und mit vergleichsweise wenig Platzbedarf zu verstauen. Hinter den Rädern türmen sich fünf Koffer, drei Getränkekisten, vier einzelne Laufräder, drei Rucksäcke, eine Werkzeugkiste, Wasserkanister, Proviantkiste, Techniktasche, zwei Autoatlanten, Leitzordner mit Kartenmaterial, Helme, Radschuhe usw. usw. usw. 618 km Autobahn liegen vor uns. Wir stellen uns auf eine lange Fahrt ein und gehen es zügig an. Erst fährt Manfred, dann darf ich, den Schlussspurt macht Rolf. Die Stimmung ist mittlerweile sehr gut, die Heizung im Bus läuft auf vollen Touren, draußen ist es friesisch kalt, immer wieder ziehen kräftige Schauer über uns hinweg. Das kann ich den Herrn jetzt schon versprechen, das sommerliche Teamtrikot habe ich morgen nur für einen sehr kurzen Moment zum fotografieren an, die erste Etappe werde ich wohl sehr wahrscheinlich im Rollkragenpulli fahren. Aber jetzt sitzen wir erst mal beim Abendessen, Reinhold und ich mit Apfelsaftschorle, Manfred und Berny mit einem zünftigen Erdinger Weißbier …. nur Rolf wagt sich an ein Jever. Dazu gibt es Backfisch, Emder Heringsplatte und Schollenfilet.

09.08.2011 Dienstag – Norddeich – Oldenburg 

114,07 km und hammerharte 20 Höhenmeter (das waren die zwei Autobahnbrücken …). Es geht los, Startschuss zur ersten Etappe. Frühstück läuft wie in den Jahren zuvor – jeder sucht sich das, was er am besten verträgt. Wir brechen auf nach Norddeich. Wir haben 105 km auf der Liste stehen, dazu keinen nennenswerten Höhenmeter. Der Wetterbericht spricht von vereinzelten Regenschauern, Windstärke 4 – 5, in Böen auch mal 7. Er kommt aus Nordwest und wir fahren nach Südosten – es könnte perfekter nicht passen. Doch als wir in Norddeich ankommen, regnet es gerade waagrecht, das Meer peitscht über die Mole, der Wind pfeift ums Auto …. Berny bietet Manfred 30 Euro, damit er heute die Tour im Auto bleiben darf. Aber es hilft nicht, schließlich wollen wir an den Königsee und das mit dem Rad. Also alle Mann raus, ausladen. Die Räder machen sich vor lauter Wind selbständig, wir stellen sie auf den Kopf. Eine Viertelstunde läuft alles kreuz und quer – aber irgendwie sind am Ende alle fertig und wir stellen uns auf zum Mannschaftsbild. Eine nette junge Frau erledigt das, im Hintergrund die Fähre nach Norderney. Wir fahren los, durch Norden, dann quer durch Ostfriesland über Aurich, Westerstede, Bad Zwischenahn nach Oldenburg. Manfred hat alle Mühe uns einzufangen, wir sind zügig unterwegs, der Wind schiebt perfekt. Dennoch schafft es Manfred immer vor uns am vereinbarten Ziel zu sein. Die Pause verbringen wir in Remels in einer Bäckerei mit Cafe. Es gibt Kuchen, Wurschtbrötchen und Kaffee. Berny hat zwei Stückchen auf dem Teller, Reinhold hat diesmal nur ein Stückchen – aber irgendwie hab ich den Eindruck, es hat die gleiche Größe wie die zwei Stückchen vom Berny. Mit der Technik stehen wir noch ein wenig auf Kriegsfuß. Heute ist es der Garmin, er zeigt zwar die Karte an, verweigert aber die Routendarstellung. Zum Glück haben aber Berny und Reinhold Karte und Roadbook in der Tasche. So erreichen wir Oldenburg und finden auch zielsicher das Hotel. Jetzt sitzen wir im Ratskeller – wo denn auch sonst – und sind doch schon ein wenig müde.

10.08.2011 Mittwoch – Oldenburg – Porta Westfalica 

139,9 km!!!! Reinhold sagt, ich darf 140 schreiben! Wir sind begeistert – wenn auch ein wenig mitgenommen und müde. Ich glaube aber, das war für jeden bis jetzt die längste Strecke seiner Rennradlaufbahn. Aber erst mal der Reihe nach … Aufstehen um halb 7, Frühstück um halb 8 in Oldenburg. Der Hotelier ist sehr um uns bemüht, alle zwei Minuten steht er da und fragt, ob noch was fehlt. Um 9 gehts los, Berny hat Busdienst, wir anderen vier machen uns auf den Weg, quer durch die Innenstadt von Oldenburg und dann weiter in Richtung Süden – den Alpen entgegen. Es läuft gut. Manfred vorne weg, dahinter komme ich, dann Rolf und Reinhold passt auf, das keiner zurück bleibt. Gleichmäßig ziehen wir unsere Bahn, ich spüre geradezu meinen Puls zwischen 130 und 140 Schlägen pro Minute einrasten. Es ist einfach herrlich! In Wagenfeld machen wir endlich Pause, rund 89 km haben wir bis dahin schon in den Beinen und ich bin um ein paar Minuten rast nicht unglücklich. In einer Snackbude direkt an der Bundesstraße lassen wir uns nieder. Und da war er dann: der Hamburger Spezial! Extrem lecker sag ich Euch! Berny und Reinhold essen ihn auch, und wissen jetzt, wovon ich schreibe. Rolf und Manfred machen sich über eine Riesencurrywurst her. Nach einer guten Stunde geht es weiter, es warten ja immerhin noch knapp 50 km auf uns. Weiter gehts Richtung Minden, der Porta Westfalica entgegen. Die letzte kurze Pause findet rund 25 km vor dem Ziel statt – und es folgte wie auch schon so oft in den Vorjahren: der Etappenschlußspurt wurde ausgerufen! Ich versuche es heute mal mit einem Gel – knatschsüß ist das Zeug – aber es hat wirklich geholfen (bilde ich mir ein). Getrieben durch Regenwolken am Himmel, Rückenwind und Hunger jagen wir dahin! Die leichten Wellen spüre ich nicht mehr. Am Ende stehen 139,9 km auf dem Tacho. Unter normalen Umständen wäre ich jetzt noch die 100 m im Kreis gefahren – aber wir sind so kaputt, das uns diese heute einfach nur egal sind.

11.08.2011 Donnerstag –  Porta Westfalica – Höxter 

119,4 km – ich bin platt!! Aber die anderen auch – ich spüre es, sie sind ruhiger als sonst. Frühstück an der Porta Westfalica mit warmen Brötchen. Überhaupt, das Hotel war klasse. Aber wir wollen ja weiter. Ziel für heute ist die Tonenburg kurz vor Höxter direkt an der Weser. Eigentlich sollte es eine eher ruhige Etappe zum Ausruhen nach der Tour von gestern werden. Aber wir haben nicht an den Wind gedacht. Der blöst uns meist kräftig aus Süd bis Südwest direkt ins Gesicht. Wir kuscheln eng zusammen auf den Gegenwindpassagen. Aber trotzdem, es kostet Kraft. Kurz nach Porta Westfalica versuche ich die Truppe auf die Autobahn zu locken – aber sie merken es. Wir drehen also um, wir haben ja Zeit meint Reinhold, Autobahn müsste nicht sein. Rolf sitzt heute im Bus und bleibt dicht bei der Truppe. Es klappt prima. Aber er merkt, das der Tag im Begleitfahrzeug es durchaus auch in sich hat. Abwechselnd Straße und Radweg nutzend fahren wir Richtung Hameln. Wirklich schnell wirds nur auf Rückenwindabschnitten. Bei der Gelegenheit muss ich mal loswerden, wie das Losfahren immer (!) funktioniert: der erste fährt los (meist ist das der Manfred), dann der zweite, irgendwann der dritte und der letzte. Dann geht es neutralisiert 100 oder 200 Meter weit und alle schließen auf. Irgendwann fragt der erste: Alle da?“ Sobald das dritte „Ja“ zurückgekommen ist, wird Gas gegeben. Schließlich landen wir also in Hameln, Mittagspause im Museumscafe. Ein netter junger Mann bedient uns, jeder zweite Satz von ihm endet mit einem „Sehr gerne“. Weiter geht’s, Manfred übernimmt den Garmin auf dem Rad. Wir hatten alle Mühe ihn davon abzuhalten, durch den Kuhstall zu radeln – nur weil er meint erkannt zu haben, dass die geplante Route dort entlang ging. Wir fahren weiter (auf der Straße) in Richtung Holzminden und schließlich zur Tonenburg kurz vor Höxter. Diese ist bekannt als Biker-Ziel …. der Hof steht voll mit Motorrädern. Die Herrschaften Biker sitzen um den Hof herum auf der Terrasse und betrachten zurückgelehnt und mit je einem Glas Weizenbier vor der Nase unser Treiben rund um den Bus. Aber jetzt sitzen wir auch dort und ich bin fast zu müde zum Essen …. fast … 😉

12.08.2011 FR Höxter – Melsungen 

Happy Birthday, Berny! Und wieder einmal gratulieren wir Dir herzlich zu Deinem Geburtstag auf unserer Tour!! Find ich richtig klasse, wir Du immer mit uns feierst ,-) 137,9 km waren es heute – etwas mehr als geplant, Reinhold lächelt „Schließlich wollen wir ja Kilometer“. Es ist Herrentag. Ich fahre den Bus – und ich bin ganz froh darüber. Die vier Herren offensichtlich auch, sie gucken recht unternehmungslustig drein. Das Frühstück auf der Tonenburg verdient besondere Erwähnung, ein reichhaltiges Buffet breitet sich vor uns aus. Schließlich gehts los, püntklich zur Abfahrt beginnt es zu regnen. Manfred ist nicht unzufrieden damit und meint, so würden die Schokoladenflecken besser vom Lenkerband weggehen. Erster Treff in Lippoldsberg – an der Fähre. Ich bin lange vor der Radltruppe da und freunde mich mit dem Fährmann an. Hier ist die Welt noch in Ordnung, keine Eile, kein Streß, alles läuft gemütlich. Ich muss das Auto auf die Seite stellen, weil da heute irgendwann noch ein Schlepper kommt. Manfred und Reinhold führen die Truppe heute an, mit rund 30km/h geht es immer an der Weser entlang – „Genussradeln“. Als die Truppe schließlich eintrifft, gibts Linzerschnitte von Bernys Mutter. Sehr lecker war es – und damit schicken wir ein freundliches Danke Schön an Sie, Frau Ritter. Zweiter Halt und Pause ist kurz nach Hannoversch Münden: Bratwurst gibts. Und wir treffen einen graubärtigen Mountainbiker, der sich allerbestens auskennt. Er bietet sich an, die Radler durch Kassel durchzuführen. Mir konnte er leider nicht sagen, wo ich meine Mannschaft wieder treffe. Dafür weiß er eine Menge andere Dinge. Am Ende greifen wir mal wieder zum Augsburger Modell, Auto vorne weg, Radler hinterher. Nach kürzester Zeit sind wir durch. Weitere 37 km sind zu bewältigen, immer wieder regnet es, teilweise auch heftig. Am Ende steht die planmäßige Ankunft in Melsungen. Diesmal ist es eine Bergankunft und ich staune, wie die vier nach diesem langen Tag den Berg hochradeln … und bin immer noch froh, heut im Auto gefahren zu sein. — PS: In Melsungen sind sämtliche Hunde begraben: der Adler wird verpachtet, der Ratskeller auch, in der Eisdiele gibts keine Schnitzel, im ältesten Gasthaus am Ort müffelt es merklich, die Krone ist randvoll, wir landen also beim Italiener, der ein Inder ist und fliegen um 21 Uhr wieder raus. Jetzt sitzen wir glücklich beim Chinesen im Haus am Fluss und diskutieren über Pfälzer Dornfelder.

13.08.2011 Samstag – Melsungen – Meiningen 

127,6 km – Halbzeit – und jede Menge zu erzählen …. aber der Reihe nach: Alles läuft wir immer: Hotelzimmer wieder vom Klamottenchaos befreien, Frühstück mit ausgewählten Bestandteilen, Bus umladen (Räder raus, Koffer rein). Reinhold muss heute fahren. Beim Frühstück versucht er jemanden anderen dafür zu gewinnen: „Mein Platz im Bus heute stünde zur Verfügung“ lässt er vorsichtig verlauten. Keiner reagiert …. nur Berny meint ganz trocken „Der blufft“. Es bleibt dabei, Reinhold muss fahren. Wir ziehen los und dann die Schrecksekunde: Berny stürzt. Die Straße ist nass, frisch geteert und es geht sehr steil bergab. Berny rutscht aus, zum Glück ist er nicht schnell. Am Oberschenkel und an Arm und Fuß hat er sich heftige Schürfwunden zugezogen. Zum Glück ist nicht mehr passiert. Er fährt die Etappe trotzdem zu ende – aber so ganz wohl fühlt er sich nicht. Hoffentlich ist das bis morgen wieder besser. Wir fahren weiter, heute geht es das Fuldatal hinauf bis Bebra. Dort kreuzen wir unsere Tour von 2009. Wir machen eine kurze Pause. Nebenan tragen zwei Frauen Torten aus dem Haus in einen Kühlanhänger, eine Hochzeit wird gefeiert. Manfred zeigt sich überaus interessiert und charmant und bequatscht die zwei Mädels so lange, bis sie Donauwelle für jeden von uns herausrücken – scheinbar in Sorge wir könnten uns sonst an einer der wunderbaren Torten heranwagen. Sehr lecker ist es – und die Kraft können wir gut brauchen, denn jetzt folgt der Anstieg des Tages: vom Fuldatal ins Werratal. Wir nehmen die Steigung mit Bravour. Weiter gehts nach der geplanten Route. Ab Kilometer 70 gibts etwas Rückenwind und wir jagen mit 30 – 35 km/h dahin. Manfred gibt den ganzen Tag Gas und fährt vorne. Ich bin nicht nur einmal dankbar, mich in seinem Windschatten klein machen zu dürfen und ich denke, den beiden hinter mir gehts ähnlich. Bad Salzungen haben wir für unsere Pause ausgesucht. Auf dem dortigen Marktplatz gibt es Futter für die hungrige Mannschaft. Von dort aus haben wir noch rund 40 km bis zum Endziel. Wir müssen weiter über die Bundesstraße. Kreis- und Landesstraßen sind keine vorhanden. Aber kein Problem, wir fahren so heute zum ersten Mal auf der vierspurigen B 19. An der Auffahrt steht kein Verbotsschild für Fahrräder, nur die Begrenzung auf 100 km/h und Überholverbot – das schaffen wir denke ich und so gehts los 😉 Dicht zusammen gerückt, Manfred vorne im Wind, dann komme ich, hinter mir Berny und Rolf am Ende, wir fahren hochkonzentriert. Das Team wächst immer besser zusammen. Am Ende landen wir also nun ein Meiningen – Hunger haben wir wie immer und ich freue mich auf unseren Abend.

14.08.2011 Sonntag – Meiningen – Bamberg 

117,2 km – Bamberg ist das Ziel. Wir verlassen das Werratal und kommen endlich nach Bayern. 20 km nach unserem Start ist es soweit und für den Rest der Tour werden wir dieses Bundesland nicht mehr verlassen. Ich freue mich auf Knödel in jeglicher Art 😉 Aber erst mal zu diesem Tag: los geht’s wie immer – nur heute irgendwie ein paar Minuten früher. Reinhold drängelt. Auf den ersten Kilometern habe ich fast das Gefühl, er hat mittags in Bamberg noch was vor …. Berny kann fahren, seine Verletzungen vom Sturz seien auf dem Rad weniger schmerzhaft als beim Laufen. So ziehen also Reinhold, Berny, Rolf und ich unsere Bahn, Bamberg entgegen. Die sanft gewellte Hügellandschaft hat lang gezogene Steigungen oder ebenso lange Abfahrten für uns bereit. Eben ist hier gar nichts und der Wind kommt wahlweise von vorne oder schräg von vorne. Es ist wie Zirkeltraining und es strengt mich sehr an. Zwei Pausen machen wir und die Mittagspause ist von der fahrenden Truppe für Zeil am Main geplant. Manfred, der sich heute im Bus schont, möchte in Königsberg bleiben, dort ist Dorffest und er freundet sich mit den Landfrauen an und schielt dabei schon wieder in Richtung Kuchen. Aber die Radler setzen sich durch. Doch vor Zeil ist ein heftiger Anstieg, Manfred fährt voraus und erkundet 12% Steigung … ich werde ein wenig blass. Reinhold meint daraufhin, er bräuchte das auch nicht. So planen wir kurzerhand ein wenig um – ich bin den beiden sehr dankbar. In Zeil schließlich sitzen wir gemütlich im Biergarten, Salat, Dosenfleisch und Fränkische Bratwürstchen helfen uns, die letzten 29 km Richtung Bamberg zu fahren. So sind wir dann auch unterwegs – erst auf dem Radweg – dann aber ziemlich schnell wieder auf der Straße. Hinter uns wird der Himmel immer dunkler und die dunkle Wolkenwand kommt schnell näher. Eigentlich dachte ich, wir fahren ruhig und gelassen in Richtung Etappenziel, am Ende jagen wir mit über 30 km/h dahin …. Gewitterwolken sind ziemlich gute Schrittmacher. Wir fegen die Radwege entlang, rasen durch Bambergs Randgebiete, kommen schließlich in die Innenstadt von Bamberg und jagen durch die Straßen immer auf dem direkten Weg zum Hotel. Der stürmische Wind jagt die Blätter umher, der Himmel verdunkelt sich, wir hören Donnergrollen, jeden Moment kann der Regen losgehen und wir befürchten, das er heftig wird. So werden wir noch schneller, haben das Ziel schon fast erreicht. Doch vor der letzten Kurve ist plötzlich eine Baustelle …. wir umkurven sie zügigst, sehen schon Manfred winken und aber ganz genau in diesem Moment bekommen wir die ersten richtig dicken Tropfen ab. Aber da stehen wir schon unter dem Vordach des Hotels. Das war sie also, die absolute Punktlandung. Heute Abend werden wir dann mal gucken, was in Bamberg so los ist und morgen kommt schon die 7. Etappe.

15.08.2011 Montag – Bamberg – Neumarkt O-Pfalz 

107,9 km waren es bis Neumarkt in der Oberpfalz und das Wetter wurde immer besser. Seit heute morgen sind wir zu sechst, Axel ist heute zu uns gestoßen und fährt mit. Nun sind wir endlich vollzählig. Rolf hat heute Dienst im Bus – und ich glaube, er ist nicht ganz unglücklich, denn es regnet. Wir anderen Fünf lassen uns aber nicht davon abhalten, wir fahren Rad. Los geht es in Bamberg quer durch den Park auf gesandeten Wegen, alles patschnass. Dann fahren wir weiter am Main-Donau-Kanal entlang, teilweise landwirtschaftliche Wege, teilweise mit feinem Splitt, es regnet weiter – kurzum: nach 20 km sehen wir aus wie die Schweinchen, sind nass bis aufs Radlpolster und jetzt ist es uns erst richtig egal. Meine Regenjacke habe ich fein verpackt in der Rückentasche dabei, so bleibt sie frisch und sauber, sie ist ja schließlich weiß 😉 So langsam lässt dann auch der Regen nach. Dazwischen gibt es kurze Pausen, etwas Essen, Flaschen auffüllen. Rolf ist zur Stelle, wenn wir ihn brauchen. Wir fahren also dahin, quer durch die größeren Städte Bayerns: Erlangen, Fürth und schließlich Nürnberg. Dort nehmen wir den direkten Weg durch die Innenstadt, queren den Hauptmarkt, machen einen kurzen Halt am Heilig-Geist-Spital – Bild dort muss sein. Weiter geht’s am Zeppelinfeld vorbei in Richtung Feucht – wir haben mittlerweile richtig Hunger. Rolf hat ein Bistro ausgekundschaftet. Wir sitzen an der Straße und ein wirklich sehr freundliches und zuvorkommendes Wirtspaar bewirtet uns mit allem, was unser Radlerherz begehrt. Nach einer Stunde geht’s weiter – und jetzt so habe ich im Nachhinein den Eindruck ging die Etappe heute erst richtig los: rauf – runter – quer und kreuz – ach und dann war da die Joggerin, die ihr Bein fast über Kopf auf dem Brückengeländer zum Dehnen liegen hatte …. ich sag Euch: die vier Männer bauten nur durch viel viel Glück keinen Unfall, Manfred und Axel nehmen den Weg durchs Gras, Berny und Reinhold können gerade noch so ausweichen. Weiter geht’s also Richtung Neumarkt, es ist anstrengend. Die Bundesstraße lassen wir bleiben, der Verkehr ist uns dann doch zu heftig und gefährlich. So fahren wir Radwege und das ist mit dem Rennrad oft schwierig: immer wieder kommen Absätze oder geschotterte Passagen, Pfosten und Schranken erschweren das Fortkommen. Und kurz vor dem Etappenziel streike dann ich vor dem letzten Anstieg und nehme Kontakt mit einem Mitglied der dörflichen Lebensgemeinschaft auf – die einen prima Weg nach Neumarkt mir erklärt, wo wir fast keine Steigungen mehr hoch müssen. Angekommen in Neumarkt werden zuerst die Räder gepflegt, der Sand und das Wasser setzen den Schaltungen zu. Manfred nimmt sich ein Rad nach dem anderen vor. Dann repariert Axel noch die Schaltung von Rolfs Rad und alle werden sicher im Auto verstaut.

16.08.2011 Dienstag – Neumarkt O-Pfalz – Straubing

131,34 km – und ich habe mir doch kein Dirndl zugelegt. Aber der Reihe nach: Die Herren sind wieder unter sich, ich steige in den Bus und schone meine doch etwas strapazierten Beinmuskeln heute wieder. Die Etappe nach Straubing steht auf dem Programm. Los geht es noch vor 9 – der Weg ist heute lang. Gleich nach Neumarkt kommt der giftigste Anstieg des Tages, rund 200 Höhenmeter sind zu überwinden. Ich beschäftige mich mit Einkäufen. Etwas später treffe ich die Mannschaft dann auf der Strecke und begleite sie ein wenig mit der Kamera. Erster Halt in Lupburg, 33 km sind geschafft und die ständigen Steigungen kosten Kraft. Weiter geht es Richtung Naabtal. Irgendwo unterwegs treffen sie wieder auf einen einheimischen Radler. Aufgrund seiner Hinweis planen wir die Strecke ein wenig um, es geht durch ein wunderbares Tal eines Seitenflusses der Donau, der Schwarzen Laaber. Wenig Verkehr und ein idyllisches Tal machen der Truppe richtig Spaß. Dann kommt noch der Anstieg hinüber ins Naabtal und nun liegen gute 60 km Flachetappe vor ihnen. Zuvor radeln sie jedoch quer durch Regensburg. Alles verläuft ohne größere Hindernisse – nur die Lokalität für die Pause ist ein wenig schwierig festzulegen. Erst nach 93 km erreichen wir einen wunderbaren Wein-Biergarten und haben Hunger wie die Wölfe. Schweizer Wurstsalat und jede Menge Obazda sorgen für die Stärkung und dazu gibt es einen „Bacherer“ Rotwein (der ist aus dem kleinsten Weinanbaugebiet Deutschlands direkt hinter dem Haus des Weinbiergartens) Manfred lobt ihn sehr und ist froh, nicht mehr davon bestellt zu haben. Weiter geht es nach Straubing. Ich komme vor den Herren an und erkunde das Hotel. Nach längerer Diskussion mit dem Wirt stehe ich dann doch endlich glücklich mit unserem Bus im Hinterhof. Mir bleibt Zeit, ein wenig in der Fußgängerzone spazieren zu gehen. Die Stadt ist voll mit Dirndl- und Lederhosen-bedressten Menschen. Hier ist diese Woche Gäubodenfest – Einheimische sagen, es wäre das größte Volksfest nach dem Oktoberfest. So ungefähr geht es hier auch zu. Ohne Dirndl – kein Volksfest – ist ja klar. Und für uns folgt wieder, was jeden Tag kommt: wir gehen Essen …. so richtig Hunger habe ich heute allerdings gar nicht. PS: … und wieso ich mir doch kein Dirndl kaufe? Weil ich gar nicht aufs Volksfest will und weil die Dinger offenbar kneifen und zwicken – zumindest hat fast jede der Damen mit Dirndl ständig an sich herumgezogen und –gezerrt. Neenee, lieber noch ne Radlhose, die kneift nicht ,-)

17.08.2011 Mittwoch – Straubing – Burghausen 

116,77 km und 935 Höhenmeter – ich bin so was von platt …. Heute sitzt Berny im Bus – endlich darf er auch mal Auto fahren. Wir anderen machen uns auf den Weg zur ersten richtigen Bergetappe. Ich bin nervös und habe viel Respekt vor diesem Tag. Wir fahren von Straubing aus direkt nach Süden und lassen sehr schnell die Donauebene hinter uns. Die Hügel beginnen und ich versuche meinen Rhythmus zu finden. Die ersten giftigen Anstiege kommen: 10%, 11% …. dann 12% … Die Vier um mich herum helfen mir wo sie können, bieten mir ihr Hinterrad, warten wenn sie vor mir oben sind. So vergeht die Etappe sehr ruhig, eine Steigung nach der anderen wird bezwungen. Wir queren die Isar und noch jede Menge weitere Flüsse der Region. Nach rund 70 km landen wir in Eggenfelden und kehren beim Griechen ein. Nudeln bestellen wir uns – vielleicht helfen die ja über die Buckel. Es geht weiter, die giftigen Anstiege nehmen kein Ende, der steilste hat 17%. Wir versuchen ein wenig längs der Bundesstraße zu fahren, ein parallel verlaufender Radweg lädt geradezu ein. Aber dieser endet urplötzlich und so müssen wir auf einen Radweg auf der anderen Straßenseite wechseln. Wir klettern also über Böschungen und Leitplanken und sprinten über die Fahrbahn – zum Glück sind unsere Rennräder so leicht. Endlich kommen wir an den Inn, fahren durch Marktl hindurch – am Geburtshaus des derzeitigen Papstes vorbei – nach Burghausen. Wir fahren jedoch erst hinunter in die Altstadt, als wir uns sicher sind, das das Hotel auch dort unten liegt. Keiner wollte mehr einen weiteren Anstieg an diesem Tag riskieren. Angekommen an der Pension hat die Wirtin ein Zimmer zu wenig für uns eingeplant. Nach längerer Diskussion ist sie bereit, bei einem anderen Wirt nachzufragen, o nicht dort einer von uns übernachten kann. Rolf erklärt sich schließlich bereit und muss dann doch ein ganzes Stück durch Burghausen laufen, bis er seine Unterkunft erreicht. Beim Abendessen sind wir aber wieder zusammen, mitten in Burghausen finden wir eine nette Gaststätte und lassen uns typisch bayerische Kreationen schmecken.

18.08.2011 Donnerstag – Burghausen – Schönau am Königsee 

90,88 km hat es heute noch mal gedauert: Wir sind da!! Gänsehautfeeling – wie schon bei den ersten beiden großen Touren. Morgens in Burghausen geht mal gar nichts nach Plan. Wir frühstücken und während dem Frühstück planen wir die Route um: aus 85 km und 1100 geplanten Höhenmetern machen wir 90 km ungefähr 600 Höhenmeter: Wir fahren über Österreich und Salzburg nach Berchtesgarden. Am Laptop können wir die neue Route erstellen – jedoch fehlt uns ein Teil vom Grundriss durch Salzburg durch. Getrieben vom Selbstvertrauen und der überaus reichhaltigen Erfahrung, wie man am besten durch große Städte durch kommt legen wir los und halten uns immer entlang der Salzach auf dem Radweg. Einen Teil der Karten können wir verwenden, auf einem Teil der vorbereiteten Karten ist der Anfang und das Ende der Etappe drauf. Und außerdem beschließen wir, im Zweifel bei den Einheimischen nachzufragen – was sich jedoch als nicht immer so zuverlässig herausstellen wird. Aber schon der erste Radler, den wir uns vornehmen, ist sehr freundlich und weist uns den Weg auf den Tauern-Radweg – und bringt uns auch gleich dorthin. Wir fahren durch eine herrliche Gegend oberhalb der Salzach auf österreichischer Seite. Auf der Abfahrt an die Salzach beweist uns dann Berny, das er das Bergabfahren nun gelernt hat, er schaltet ein paar Gänge nach oben und gibt richtig Gas. Nicht mal Manfred kann ihn noch einholen und wir sind heilfroh, das er die Haarnadelkurve rechtzeitig richtig eingeschätzt hat. Der nächste, den wir dann nach dem weiteren Weg fragen, erklärt uns das er hier wohnt und sich auskennt und zeigt uns auf einer nach Norden ausgerichteten Karte links Österreich und rechts Deutschland. Wir verlassen uns dann doch lieber auf die eigenen geographischen Kenntnisse und fahren Landstraße weiter. Angekommen in Oberndorf frage ich in einem Cafe nach einer möglichen weiteren Streckenführung – der Chef wäre am liebsten mitgekommen. Er erklärt uns eine wunderbare Strecke direkt ins Herz von Salzburg – wo wir dann auch anhalten und zumindest ein Foto der Burg mitbringen. Axel, der heute den Bus fährt, ist in der Zwischenzeit losgefahren ans Ziel nach Schönau. Er wird dort den Bus abstellen, sein Fahrrad auspacken und uns entgegen fahren. Ungefähr 20 km vor dem Ziel treffen wir ihn wieder. Wir futtern und vor allem trinken noch was an einer netten kleinen Straßenwirtschaft und dann kommt der letzte Teil unserer deutschlandtour 2011: die 20 km hinauf nach Berchtesgarden und an den Königsee. In einem wunderbaren Sechser-Zug bewältigen wir die 200 Höhenmeter, die Straße ist breit und der Wind kommt noch dazu von hinten. Manfred führt die Gruppe mal wieder an, ich darf gleich hinter ihm fahren. Dahinter kommt dann Berny, Rolf, Reinhold und Axel. Es muss klasse aussehen, wie wir da dicht an dicht und nicht eben langsam hinauf fahren. Und genau so kommen wir dann schließlich auch in Schönau am Königsee an, ich darf vorne fahren, die fünf Herren dicht hinter mir. Wir lassen uns bis ans Seeufer vorrollen … wir sind da!!! Jeder freut sich, das wir es geschafft haben, und ich glaube, jeder ist auch ein wenig stolz, dabei gewesen zu sein. Wir sprechen ein junges Paar aus Remagen an und bitten sie, uns zusammen zum Abschluss zu fotografieren – was die beiden – selber Radler – auch gerne tun. Morgen nun nicht aufs Rad zu müssen ist dann auch nicht wirklich schlimm. Berny hat die wirklich üblen blauen Flecken von seinem Sturz auszukurieren, Rolf freut sich über sein Knie, das während der Fahrt doch wieder besser geworden ist, Reinholds Sitzknochen möchten in den nächsten Tagen auf gar keinen Fall auf einen Fahrradsattel, Manfreds linker kleiner Finger ist ein wenig gefühllos, ich habe einen mächtigen Sonnenbrand auf der Nase – nur Axel klagt über nichts und plant morgen an einer Wanderung. Ich fürchte nur, er wird nicht viele Begleiter haben. Jetzt sitze ich auf jeden Fall hier im Hotel am Königsee – direkt am See – vor mir das tief grünblaue Wasser und genieße den Ausblick. Es war eine tolle Tour. Liebe Mitradler, es war klasse mit Euch. Ich bin froh, das außer Bernys Sturz nichts wirklich schlimmes passiert ist. Und ich danke Euch für jederzeit vorhandene Aufmerksamkeit für die Gruppe vor allem im Straßenverkehr auf unseren nun doch 1202 km – von Norddeich an den Königsee – von der Nordsee an die Alpen.

19.08.2011 Freitag – Rückfahrt von Schönau 

Nix Kilometer – zumindest nicht mit dem Rad, Heimreise ist angesagt. Aber erst mal räubern wir morgens das Frühstücksbuffet. Da wir heute nicht aufs Rad müssen, sortieren wir beim Frühstück nicht mehr ganz so genau, was uns gut tut – wir lassen es uns einfach gut gehen. Danach fahren wir mit dem Boot nach St. Bartholomä. Eigentlich wären wir ja gern mit dem Tretboot losgezogen – so als kleine Ausradlrunde – aber die gibt es dort leider nicht. So entscheiden wir uns für eine beschauliche Fahrt mit dem Elektroboot. Wunderbar ist das, wir lassen uns die Gegend erklären, vor der Echowand holt der Kapitän die Trompete aus der Kiste und führt uns das Echo vor. Wir gucken uns die kleine Halbinsel mit der Kirche an und fahren schon sehr bald wieder zurück nach Schönau. Mittlerweile kommt ein heftiger Regenguss herunter und wir nutzen ihn für ein paar kleine Einkäufe. Gegen 12 Uhr fahren wir los Richtung Heimat, 6 Räder, 6 mal Gepäck, 6 Leute und unglaublich viele Eindrücke mit an Bord. Die Fahrt verläuft ohne weitere Zwischenfälle, Axel fährt souverän die ganze Strecke. Kurz bevor wir Bayern verlassen, gehen wir noch eine Kleinigkeit essen. Berny schmeißt anlässlich seines Geburtstages noch ne Runde – herzlichen Dank Berny – und macht bei der Abrechnung den Kellner ganz wuschich. So kommen wir dann in Criesbach an und flux ist alles aus- und umgeräumt. Jetzt bin ich müde, aber auch zufrieden. Es war wieder mal eine wunderbare Tour. Die nächsten Tage muss ich das Erlebte erst mal sortieren – aber vor allem auch die Bilder aufbereiten. Und ich bin gespannt, wie die nächsten Radlrunden hier zu hause verlaufen. Wir haben alle schwer die Hoffnung, ein wenig schneller geworden zu sein.